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Amalgam - umstritten, aber legal!

Es gibt wohl kaum einen Werkstoff, der die Gerichte, aber auch die Gesundheitsbehörden und Krankenkassen in vergleichbarem Maße beschäftigt hat wie das „Standard-Füllungsmaterial“ (John, Aktuelles aus dem Zahnarztrecht, ZMGR 1/2017, 25 ff.) Amalgam. Hierbei handelt es sich um eine  Mischung als Silber, Quecksilber, Kupfer und Zinn, die im Verdacht steht, Vergiftungserscheinungen hervorzurufen und Ursache vieler ernsthafter gesundheitlicher Beschwerden zu sein. Zumindest juristisch dürfte der Weg für die Weiterverwendung von Quecksilberlegierungen dennoch geebnet sein.

 

Die Rechtsprechung

Das Landgericht Detmold hatte Ende 2014 über die Klage einer Patientin zu entscheiden, die ihre behandelnde Zahnärztin aufgrund der vermeintlich fehlerhaften Verwendung von Amalgam und weiteren Metallen (insbesondere Gold) auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen hatte. Zu Unrecht, wie das Landgericht meinte, denn die geltend gemachten Ansprüche seien verjährt (9 O 78/14).

Das dagegen erhobene Rechtsmittel der Patientin blieb ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht Hamm entschied mit Urteil vom 4. März 2016 (26 U 16/15)  auf der Grundlage eines in zweiter Instanz eingeholten Sachverständigengutachtens, dass die Verwendung von Amalgam bei Zahnfüllungen „grundsätzlich unbedenklich“ sei, denn:

 

„(…) die Oberfläche von Silberamalgamen wird bei dem Kontakt mit Speichel mit einem Niederschlag überzogen, der weitere elektrochemische Reaktionen verhindert. Die Verwendung von Amalgam war  deshalb nicht zu beanstanden. Das entspricht gesicherter zahnmedizinischer Erkenntnis, die darauf gründet, dass Amalgamfüllungen langjährig in einer hohen Anzahl und ohne Beeinträchtigungen verwendet worden sind und eine Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen beweisen, dass eine solche Gefährdung nicht gegeben ist. Auch der von den Gegnern von Amalgamfüllungen postulierte Zusammenhang zwischen unspezifischen Erkrankungen und diesen Füllungen stellt nach den Ausführungen des Sachverständigen eine nicht dokumentierte und nicht nachzuvollziehende unbewiesene These dar. Das gilt insbesondere auch für das von der Klägerin herangezogene Kieler Amalgam-Gutachten aus dem Jahr 1997, dem mit einer umfassenden interdisziplinären Stellungnahme entgegengetreten worden ist, und das sich weder national noch international durchgesetzt hat. Der Sachverständige hat dazu bestätigt, dass es auch heute keine neuen, gegen die Verwendung von Amalgam und für die Richtigkeit des Kieler Gutachtens sprechenden Erkenntnisse gibt. Zur Verwendung von Amalgam wird auch nicht mehr geforscht, weil sich die Untersuchungen nunmehr mit den Auswirkungen von Nachfolgematerialien beschäftigen.“

 

Zusammenfassend habe die Klägerin nicht beweisen können, dass das verwendete Amalgam zu den vor ihr behaupteten Gesundheitsschädigungen geführt haben könnte. Der Beklagten falle auch keine Verletzung von Aufklärungspflichten zur Last, da sich  nicht feststellen lasse, dass „die Verwendung von Amalgam - auch nicht in Verwendung mit anderen Materialien - zu einer Wechselwirkung und einem Risikopotenzial führt“.

 

Die Revision gegen dieses Urteil wurde nicht zugelassen, so dass die Entscheidung des OLG Hamm mit den getroffenen Feststellungen rechtskräftig geworden ist.

 

Was folgt daraus?

 

Amalgamfüllungen dürfen in der zahnärztlichen Praxis grundsätzlich weiter verwendet werden. Ausnahmen bestehen nach den Empfehlungen des „Arbeitskreises Dentalmaterialien“ des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend

 

  • beim Milchgebiss
  • während der Schwangerschaft und Stillzeit
  • bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
  • bei bekannten Allergien gegen bestimmte Dentalmaterialien

 

Ferner dürfen Amalgame für retrograde (= von der Wurzelseite her) Wurzelfüllungen, als Material für Stumpfaufbauten unter Kronen und Brücken sowie als Verschlussmaterial für gegossene Kronen nicht verwendet werden.

 

Wer als gesetzlich Versicherter eine aufwändigere Füllung wünscht, muss mit dem Zahnarzt eine schriftliche Mehrkostenvereinbarung abschließen (§ 28 Abs. 2 SGB V).

 

Marc Chérestal

Rechtsanwalt

Ihr Fachanwalt für Medizinrecht in Hannover

 

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